Aris Kalaizis

Impuls der Freude. Der Maler Aris Kalaizis und der Schauspieler Christian Berkel

Anja Jahns bes­chreibt eine frucht­bare Bez­iehung zwis­chen den Ber­liner Schaus­piel­er Chris­ti­an Berkel sow­ie dem Leipzi­ger Maler Aris Kalaizis

Aris Kalaizis und Christian Berkel in Klinga (2010)
Aris Kalaizis und Christian Berkel in Klinga (2010)

Es war ein paar Jahre her. Während sein­er Ein­zelauss­tel­lung in der Leipzi­ger „Spin­nerei“ lernte Aris Kala­izis das Schaus­piel­er­paar Andrea Sawatzki und Christen Berkel kennen. – Dabei entstand eine Fre­und­schaft aus der mit­tler­weile eine Zusammen­arbeit geworden ist. Vor diesem Hin­ter­grund entstand nicht nur das Bild "Das Blu­men­haus" (2011), son­dern auch eine weit­ere Kollab­or­a­tion, die zu dem fol­gen­dem Gemälde des Leipzi­ger Malers, Aris Kala­izis führte …

Aris Kalaizis | Die Vergegenwärtigung des Vergangenen | Öl auf Leinwand | 130 x 160 cm | 2010
Aris Kalaizis | Die Vergegenwärtigung des Vergangenen | Öl auf Leinwand | 130 x 160 cm | 2010

„Die ersten Arbeiten zu dem Bild Wölfe lie­gen bereits zehn Jahre zurück“, sagt Aris, „als das Pro­jekt ein­er gemein­samen Arbeit konkreter, ist das Bild noch ein­mal zu mir gekom­men.“ Ver­ständ­lich, wenn man die Arbeit­s­weise des Leipzi­gers mit griech­is­chen Wurzeln ken­nt. Bis eines sein­er Gemälde fer­tig ist, verge­hen zwei bis drei Mon­ate. Und er arbeitet nie par­al­lel an mehren Werken. Hat er eines been­det, muss er sich frei machen. „Ich suche die Daseins­form der Leere. Bis ich von der Leere empfan­gen werde, verge­hen schon ein­mal durch­schnit­t­lich zwei bis drei Wochen. Dann kann ich das neue Bild nur ange­hen, wenn ich hun­der­t­prozen­ti­gen Impuls der Freude spüre.“ Der Idee fol­gt zun­ächst die Suche nach einem Ort, einem Hin­ter­grund, den er zumeist foto­grafiert. Das so entstandene Foto hängt er sich übers Bett, spekuliert über die sich bietenden Mög­lich­keiten, baut später das Wun­schb­ild als Mod­ell auf, beo­bachtet während des Auf­baus, ver­ändert not­falls. Dann gelan­gen die Fig­uren hin­zu, gibt ihnen Anweisun­gen und foto­grafiert abermals. Dabei entstehen zumeist nicht weni­ger als 15 – 20 Fotos, die er mit ins Atelier nim­mt. Dabei geht es ihm nicht um eine fotoreal­istische Umset­zung, denn er ist kein Fotoreal­ist: „Die Wirk­lich­keit abzu­bilden ist nicht meine Absicht. Aber die Wirk­lich­keit wahrzun­eh­men und sie in etwas zu über­führen, was die Wirk­lich­keit über­steigt, ist mein Ansinnen.

Auf dem nun gemein­sam zu bearbeitenden Bild Wölfe ist ein Mann zu sehen, im dick­en Man­tel mit Kapuze, neben ihm die Schlit­ten­hunde. Aris, der mit sein­en Bildern als Ver­treter der Neuen Leipzi­ger Schule gilt, mar­kiert mit Kreppband den Bereich, den Chris­ti­an mit einem dick­en Pin­sel herausarbeiten soll – womit der Schaus­piel­er keine Prob­leme hat. Anschließend wird die Las­ur auf­getra­gen. „Nimm etwas weni­ger Farbe“, rät Aris dem Fre­und „und ver­such, mehr Struk­tur herauszuarbeiten.“ Chris­ti­an ver­streicht die Las­ur mit Pin­sel und Lap­pen. Und dies mit wach­sender Begeister­ung. „Der Hin­ter­grund ist stark, wie eine wider­spen­stige Land­schaft – Span­nung entsteht im Bild.“

Chris­ti­an arbeitet weit­er. „Mit dem Lap­pen geht es bess­er“. Aris grinst: „Man kön­nte mein­en, du hät­test ein­en Putzfim­mel.“ Jet­zt wir es schwi­eri­ger. Chris­ti­an soll die Trennung der Beine mit Schwarz herausarbeiten. Er mis­cht die dunkle Las­ur selbst und macht sich ans Werk.. „Das ist wie die Erfül­lung eines Kinder­traums, die Bewe­gung hil­ft, aus dem Bewussten rauszuge­hen. Das erfreut mich.“ Er zieht ein­en starken Strich.

Aris ist sicht­lich beeindruckt. „Wie hoch war noch ein­mal dein Tages­satz?“ Chris­ti­an ist noch ganz gefan­gen von seinem Tun. „Beim Malen sieht man die unmit­tel­bare Wirkung dessen, was man tut.“ „Stim­mt.“ Aris nickt. „Das Malen ist gnaden­los.“ Für ihn ist das Motiv des Bildes – der Hirte, der Suchende, die bestim­mende Meta­ph­er für ihn als Maler. „Der schon anerken­nt, was erreicht wurde, aber unent­wegt nach Höher­em, Besser­em sucht. Und dabei nicht sel­ten enttäuscht wird, was ein­en aber nicht dav­on abhal­ten soll­te, weit­ere Schneisen und Wege zu bege­hen. „Das von langer Hand vorbereit­ete Gemälde ist jenes, wo ich meine Stärken zu haben glaube. Die dam­it ein­her gehende Ern­sthaftigkeit hat auch dam­it zu tun, dass unser gesell­schaft­lich­er Umgang mit den dunk­ler­en Bereichen des Lebens, immer banaler und trivialer abge­han­delt wird. Die Kunst kann dazu ein­en Gegen­ent­wurf liefern und dies kön­nte im übri­gen auch ein Grund sein, war­um das Interesse an Kunst in den let­zten Jahren so stark gewach­sen ist.“ Chris­ti­an kann dem nur zus­tim­men: „Was ich heute erlebe und was mich in den Kün­sten etwas stört, ist ein allge­mein­er Trend in der Gesell­schaft, dass es immer weni­ger Aus­schläge nach oben oder unten gibt. Es ist eine Gleich­för­migkeit, die auch zu ein­er Gleich­schal­tung führt. Es gibt sehr wenig Kunst, die tat­säch­lich Wider­stand. Und das ist auch eine der Aufgaben von Kunst.“

Christian Berkel während der Arbeiten in Klinga 2010
Christian Berkel während der Arbeiten in Klinga 2010

CHRIS­TI­AN BERKEL


1957 in Ber­lin geboren wurde einem grösser­en Pub­likum bereits 2001 durch Oliv­er Hirschbiegels Kino­film „Das Exper­i­ment“ sow­ie im oscarnomin­ier­ten Film „Der Unter­gang“ bekan­nt. Darüber hinaus spielte er u.a. in Quentin Tarant­i­nos „Inglouri­ous Bas­terds“. Bereits als 19-jähriger spielte er 1977 in Ing­mar Bergman's Film­drama „Das Sch­lan­genei“. Chris­ti­an Berkel lebt in Berlin.

(Quelle: Aben­teur Kunst, BMW-Kun­stkal­ender Char­ity-Magazin Dez/​2012)


©2012 Aris Kala­izis, Chris­ti­an Berkel, Anja Jahns, Fotos: Stef­fen Junghans

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